Mediation im Bauleitplan-verfahren als freiwillige Ergänzung zur Öffentlichkeitsbeteiligung

Ein Aufsatz von:
Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin,
Eversheds Sutherland (Germany) LLP externer link zu eversheds sutherland , Düsseldorf

KommJur 2018, S. 324-328

Im Rahmen der Bauleitplanung kann die Gemeinde einem Dritten auch die Durchführung einer Mediation übertragen (§ 4b Satz 2 BauGB). Dadurch sollen Konflikte aufgelöst oder abgemildert werden, um die Akzeptanz von Planungen zu stärken.

  1. Einleitung
  2. Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit
  3. Das Mediationsverfahren während eines Bauleitplanverfahrens gemäß § 4 b S. 2 BauGB
  4. Die Person des Mediators
  5. Mediation als „strukturiertes“ Verfahren
  6. Voraussetzungen für eine Mediation gemäß § 4 b S. 2 BauGB
  7. Rechtliche Grenzen der Mediation im Bauleitplanverfahren
  8. Chancen für das Bauleitplanverfahren durch eine Mediation
  9. Vorgehensweise VOR der Mediation
  10. Vorgehensweise IN der Mediation
  11. Umgang mit einer Bürgerinitiative oder mit „schwierigen“ Bürgern
  12. Fazit

I. Einleitung

Ob städtebauliche Entwicklungen und Infrastrukturprojekte verwirklicht werden können, hängt sowohl auf Seiten der Projektentwickler und Investoren als auch auf Seiten der Kommune davon ab, ob Bauplanungsrecht geschaffen werden kann. Da die Öffentlichkeit an der Bauleitplanung zu beteiligen ist, kann sie auf die Ausgestaltung der Bauleitpläne (Angebots- oder vor- habenbezogene Bebauungspläne) und auf die städtebaulichen Verträge der Gemeinden mit dem Investor im Rahmen der Gesetze Einfluss nehmen. Der tatsächliche Einfluss der Bürger auf die Realisierbarkeit von Projekten kann so groß sein, dass Projektideen für lange Zeit verzögert oder sogar gestoppt werden können.

Ein sehr prominentes Beispiel ist die Verhinderung der Ansiedlung eines Factory-Outlet-Centers auf dem Loveparade-Gelände am Duisburger Hauptbahnhof im September 2017.1 Begründet wurde der Widerstand mit befürchteten erheblichen Umsatzauswirkungen auf die Duisburger Innenstadt.2 Ebenso wurden City-Outlet-Projekte in Dinkelsbühl (November 2017) und in Rietberg gestoppt.3

Wenn Fragen der Bürger zu Projekten nicht beantwortet werden, wenn beispielsweise Auskünfte zu den Auswirkungen eines Projektes auf die städtische Kasse verweigert werden, kann dies zu Verunsicherung und zu Vertrauensverlust auf Seiten der Bürger führen.

Wie Mediation die Verwirklichung einer Projektidee fördern kann, indem Projektvorschläge und deren Auswirkungen transparent gemacht werden, soll im Folgenden aufgezeigt werden.

II. Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit

Gemäß § 3 I BauGB besteht für die Gemeinde eine Pflicht zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Bürger informiert und angehört werden und dass die Gemeinde in einen Dialog mit ihnen eintritt. Es geht im Wesentlichen um die Eruierung verschiedener Standpunkte und die Entgegennahme von Positionen. Eine Verpflichtung zur Annäherung der Positionen oder gar zur Auflösung widerstreitender Interessen während der Öffentlichkeitsbeteiligung besteht nicht.

Bevor es in die 2. Stufe der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 II BauGB geht, bei der die Pläne bereits weitgehend verfestigt sind und häufig kein echter Dialog mehr stattfindet, bietet eine zuvor durchgeführte Mediation den Bürgern und der Gemeinde sowie dem Investor den Raum, einer für alle Parteien annehmbaren Planung Rechnung zu tragen.

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III. Das Mediationsverfahren während eines Bauleitplanverfahrens gemäß § 4 b S. 2 BauGB

Gemäß § 4 b S. 2 BauGB kann die Gemeinde einem Dritten auch die Durchführung einer Mediation übertragen. Bei der Mediation handelt es sich gemäß § 1 I MediationsG um ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben.

Die Mediation im Bauleitplanverfahren gemäß § 4 b S. 2 BauGB ist ein die Öffentlichkeitsbeteiligung ergänzendes freiwilliges Verfahren; es besteht keine Verpflichtung hierzu.

Nach dem Bericht der Reformkommission Bau von Großprojekten, der – vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur initiiert – im Juni 2015 veröffentlicht worden ist, können außergerichtliche Streitbeilegungsmethoden – wie die Mediation – auch von öffentlichen Auftraggebern zulässig vereinbart werden.4 Der Aktionsplan Großprojekte sieht die außergerichtliche Streitbeilegung ausdrücklich vor.5

Mit § 4 b S. 2 BauGB wird die Gemeinde ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, von der Mediation im Bauleitplanverfahren Gebrauch zu machen. Bereits im Jahre 2013 wurden Thesen zur Weiterentwicklung lokaler Demokratie aufgestellt, um unter anderem die Bürgerbeteiligung zu fördern.6 Danach sind Kommunikation, Dialog und Transparenz unabdingbare Voraussetzungen für die Akzeptanz lokaler Entscheidungen.7 Komplexe Verwaltungsprozesse müssen erklärt werden, sie müssen offen und transparent und somit nachvollziehbar und glaubwürdig sein sowie professionell organisiert werden und integriert sein. Mit den Ergebnissen von Beteiligungsverfahren muss offen umgegangen und den Betroffenen eine Rückmeldung gegeben werden. Die Verwaltung muss eine Grundhaltung einnehmen, dass „eine Stadt nur gemeinsam durch alle Beteiligten gestaltet werden kann“.8 Der solchermaßen eingeforderte Dialog zwischen den Gemeinden und den Bürgern wird gerade bei brisanten Planungen, die viele unterschiedliche Interessen berühren, durch eine Mediation gewährleistet, da in ihr die Öffentlichkeitsbeteiligung fortgesetzt und durch einen weiteren Dialog ergänzt wird.

Wenn nun eine Gemeinde bereit ist, eine Mediation durchzuführen, sendet sie damit das eindeutige Signal, die Konfliktparteien im Bauleitplanverfahren ernst nehmen, eine Politik des Gehört Werdens betreiben und wenn möglich einen Interessenausgleich schaffen zu wollen.

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IV. Die Person des Mediators

Die Durchführung des Mediationsprozesses obliegt einem Mediator als einem neutralen, unabhängigen Dritten der je nach Umfang und Ausgestaltung durch öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag bestellt werden kann.9

Für den Inhalt des Mediationsprozesses sind die Mediationsparteien verantwortlich. Der Mediator achtet darauf, dass die Struktur des Mediationsprozesses eingehalten wird. Er unterbreitet in der Regel keine Vorschläge, sondern beschränkt sich auf die Förderung des Dialogs.10 Er ist der Katalysator für Befürchtungen und Ängste, seine Aufgabe ist es, gegenseitiges Misstrauen umzuwandeln.

V. Mediation als „strukturiertes“ Verfahren

Hauptcharakteristikum der Mediation ist, dass es sich bei ihr um ein „strukturiertes“ Konfliktlösungsverfahren handelt.

Der Mediator erarbeitet mit den Mediationsparteien das gemeinsame Klärungsziel, also das, was sie mit der Mediation erreichen wollen (1. Stufe). Das Mediationsziel dient dazu, dass die Parteien sich während der gesamten Mediation daran ausrichten können und sich in der Diskussion weder in Anfeindungen noch in unsachlichen Argumenten verlieren (zur Begrenzung des Mediationsziels siehe unten Punkt 7.).

Anschließend bereitet der Mediator mit den Medianten die gesamte Konfliktlandschaft auf. Der Lebenssachverhalt, der dem Konflikt zugrunde liegt, wird in eine Struktur gebracht, indem die Konfliktparteien mithilfe des Mediators den Konflikt thematisch ordnen. Es werden Themen gebildet, die den Konflikt bestimmen, und anhand dessen wird eine Themenliste erstellt (2. Stufe).

Diese Themenliste arbeitet der Mediator sodann gemeinsam mit den Medianten minutiös ab. Die Themen werden nacheinander behandelt und nicht miteinander vermischt. Es werden die Interessen geklärt, die mit dem einzelnen Thema verbunden sind, und die sich dahinter verbergenden Bedürfnisse der Medianten werden aufgedeckt. Emotionen und Motivationen werden mitgeteilt. Das bedeutet, dass jedem Medianten ausreichend Raum gegeben wird, bei der Gegenseite Verständnis zu wecken, und durch die Möglichkeit, seine Interessen darlegen zu können, in seiner Position ernst genommen zu werden. Es treten Übereinstimmungen sowie Abweichungen zutage. Die gegenseitige Akzeptanz wächst; die Emotionen beruhigen sich (3. Stufe).

Um die Voraussetzung für einen ernsthaften Dialog zu erfüllen, müssen die übrigen Medianten in der Zeit, in der ein Mediant seine Interessen vorträgt, zuhören und die Bereitschaft mitbringen, den Vortrag der anderen Partei nachvollziehen und verstehen zu wollen.

Danach können in einer kreativen Phase Ideen entwickelt und Lösungsoptionen verhandelt werden (4. Stufe).
Erst nachdem alle Themen nacheinander abgearbeitet worden sind, erfolgt am Ende die Formulierung einer Mediationsvereinbarung (5. Stufe), die anschließend in die Abwägung bei der Bauleitplanung einfließen kann.

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VI. Voraussetzungen für eine Mediation gemäß § 4 b S. 2 BauGB

Voraussetzung für eine Mediation gemäß § 4 b S. 2 BauGB im Bauleitplanverfahren ist, dass der Konflikt kompromissfähig ist. In der Bauleitplanung besteht ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum. Da innerhalb des Verfahrens viele Kompromisse möglich sind, liegt gerade hier eine typische Situation für eine Mediation vor.

Die Entscheidung über den Bebauungsplan muss noch weitgehend offen sein, d.h. erhebliche Inhalte und Teilergebnisse müssen noch verhandelbar sein.

Die Mediation muss von allen Teilnehmern an der Mediation, von allen Medianten, gewollt sein. Es muss eine Bereitschaft zu konstruktivem Dialog und zu kooperativem Handeln vorliegen. Auf allen Seiten muss ein Einigungswunsch vorhanden sein, Standpunkte zu überdenken und Lösungen gemeinsam zu erarbeiten.

Ob der Erfolg einer Mediation in Frage steht, wenn sich an dem Verfahren sog. „Wutbürger“ beteiligen oder wenn es allein um die Verhinderung des Projektes geht, kann ohne den Versuch, ein Mediationsverfahren durchzuführen, nicht beantwortet werden. Die Gründe des Wutbürgers für sein Verhalten, aber auch die Gründe einer der Verhinderung des Projektes dienenden Bürgerinitiative können nicht eruiert und beseitigt werden, wenn sie nicht im Mediationsverfahren zum Ausdruck gebracht werden können.

VII. Rechtliche Grenzen der Mediation im Bauleitplanverfahren

Auch wenn der Gesetzgeber der Gemeinde im Bauleitplanverfahren die Möglichkeit einer Mediation eröffnet, ist die Konfliktlösung jedoch nur innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens zu finden. Die Bauleitplanung bleibt als örtliche Rechtsetzung bei der Gemeinde. Das Abwägungsgebot gemäß § 1 VII BauGB, für das die Gemeinde die alleinige Entscheidungsverantwortung hat, wird durch eine Mediation weder ersetzt noch eingeschränkt. Das bedeutet, dass das Ergebnis einer Mediation im Bauleitplanverfahren lediglich unterstützende Wirkung haben kann.11 Die rechtlichen Grenzen der Mediation müssen schon bei der Formulierung des Mediationsziels beachtet werden. Nur soweit innerhalb der Bauleitplanung Absprachen oder Verträge zulässig sind, ist auch das Mediationsergebnis in dieser Form möglich.

Das bedeutet, dass der Bürger nicht über das „Ob“ der öffentlichen Planung mit entscheidet, wohl aber durch Teilnahme an einer Mediation auf das „Wie“ der Planung Einfluss nehmen kann, indem er zur verfeinerten Aufbereitung des Abwägungsmaterials beiträgt oder gar neue Ideen beibringt, die in die Planung integriert werden können und zu einem besseren Planungsergebnis führen.

Das Mediationsergebnis entfaltet tatsächliche Wirkungen, weil es in den Entscheidungsprozess der Gemeinden einfließt. Durch die Mediation dürfen lediglich keine bindenden Vorfestlegungen getroffen werden.

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VIII. Chancen für das Bauleitplanverfahren durch eine Mediation

Die Durchführung einer Mediation hat für das Bauleitplanverfahren den Vorteil, dass die Interessen von Politik, Verwaltung, Wirtschaft und von Bürgern zum Ausgleich gebracht werden können und dass vielfältige Chancen bestehen:

  • Tiefes Ausloten der Interessen
  • Strukturierung der Interessen und Interessenoptimierung
  • Minimierung von Differenzen
  • Transparenter Entscheidungsprozess durch Austausch von fachlichen, persönlichen und politischen Informationen
  • Verbesserung der Basis für den Abwägungsvorgang bei der Bauleitplanung und dadurch Verbesserung der Planungsqualität
  • Möglichkeit einer Konsensentscheidung oder Teilkonsensentscheidung
  • Beruhigung von Emotionen; Beseitigung von wechselseitigen Vorurteilen durch direkte Kommunikation: Deeskalation
  • Kein Überstülpen von politischen Entscheidungen
  • Höhere Akzeptanz des Plans durch Beteiligung der Bürger
  • Erhalt des sozialen Friedens durch konstruktive Streitkultur
  • Reduzierung des Zeit- und Kostenrisikos ausgelöst durch Bürgerproteste
  • Reduzierung der Gefahr eines jahrelangen Rechtsstreits mit unsicherem Ausgang
  • Nachhaltigkeit von gemeinsamen Lösungen; besseres gesellschaftliches Klima
  • etc.

IX. Vorgehensweise VOR der Mediation

Vor der Mediation ist zunächst festzustellen, wer Auftraggeber der Mediation sein soll, ob dies die Gemeinde oder der Investor oder möglicherweise beide sein sollen. Da der Investor in der Regel der wirtschaftlich Begünstigte einer erfolgreichen Mediation ist, ist eine Kostenübernahmevereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Investor häufig interessengerecht. Dies gilt umso mehr, als auch der Investor in der Regel Partei der Mediation wird. Danach muss der Mediator zusammen mit dem Initiator der Mediation ein detailliertes Prozessdesign entwerfen, er nimmt eine eingehende Analyse der Konfliktlandschaft vor, er erarbeitet mit dem Initiator das Mediationsziel. Dieses muss ein übergeordnetes Ziel sein, dem schon zu Beginn der Mediation möglichst alle Interessenvertreter zustimmen können.

Die Einladung zur Mediation muss an alle durch die beabsichtigte Planung Betroffenen gerichtet sein. Die Betroffenen müssen umfassend beteiligt werden, damit die Mediation nicht den Interessen einiger weniger dient. Um zu erreichen, dass nicht immer nur die ewig Gleichen auf die Veranstaltungen kommen oder dass Veranstaltungen von Protestlern beherrscht werden, muss der Kreis der Vertreter betroffener Interessen so weit wie möglich gefasst werden. Die üblichen Bürgerinitiativen sind nur ein Teil der Bürgergesellschaft, die diese nicht in Gänze repräsentieren. Darüber hinaus muss ein weiterer Teil der Bürger aktiviert werden. Die Dialogkultur muss sich aus einer Beteiligung der Bürger im Stadtraum und aus einer digitalen Beteiligung zusammensetzen.

Schon in der Einladung zur Durchführung einer Mediation muss die Gemeinde deutlich machen, dass sie mit der Mediation ein Signal setzen möchte, in einem freiwilligen Verfahren gegensätzliche Standpunkte zu überdenken und weit möglichst einen Interessenausgleich zu schaffen.

Gleichzeitig ist es ratsam, darauf hinzuweisen, dass es bei einer Beteiligung im öffentlichen Raum lediglich einen „Beteiligungsspielraum“ gibt, der rechtlich vorgegeben ist.

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X. Vorgehensweise IN der Mediation

Die Vorgehensweise in der Mediation ist bei einer hohen Anzahl betroffener Bürger nach einem Dreiklang bzw. Drei-Stufen-Modell aufzubauen, bestehend aus einer Auftaktveranstaltung (1), der Bildung von Arbeitsgruppen und der Arbeit in den Arbeitsgruppen (2) sowie der Bildung eines zentralen Gremiums, wo die Mediation mit den Vertretern der Arbeitsgruppen durchgeführt wird (3).

1. Erster Schritt: Auftaktveranstaltung

Zunächst muss eine Auftaktveranstaltung stattfinden, an der sämtliche Vertreter betroffener Interessen teilnehmen.

a) Erläuterung des Verfahrensablaufs

Zu Beginn der Veranstaltung ist zu erläutern, worum es sich bei einer Mediation handelt und was eine Mediation leisten kann. Es ist von Anfang an klar zu machen, dass eine Mediation im Bauleitplanverfahren sich innerhalb eines gesetzlich festgelegten Handlungsspielraums bewegt. Das bedeutet, dass die Gemeinde nicht frei in der Gestaltung des Bauleitplanverfahrens ist und somit auch nicht im Wege einer Mediation ein Bauleitplanverfahren durchführen kann.
Gleichzeitig ist den Teilnehmern der Veranstaltung aufzuzeigen, welche Einwirkungsmöglichkeiten sie auf das Bauleitplanverfahren haben, wenn sie an einer Mediation teilnehmen. Es sind die Chancen, die die betroffenen Bürger innerhalb einer Mediation haben, darzustellen.
Die Aufgaben eines Mediators sowie die Arbeitsweise in einer Mediation sind zu erläutern.
Wichtig ist es, zu Beginn der Veranstaltung Verhaltensregeln der Teilnehmer festzulegen, die während der Mediation eingehalten werden müssen. Die Notwendigkeit dafür muss erklärt werden; Verhaltensregeln dienen der Dialogfähigkeit und Bereitschaft aller Parteien, das Mediationsziel zu erreichen. Eine Mediation kann nur erfolgreich sein, wenn alle Parteien dazu bereit sind, ernsthaft und konstruktiv zu diskutieren.

b) Erläuterung zur Bildung von Arbeitsgruppen

Des Weiteren ist zu erläutern, dass die Arbeit während des Mediationsverfahrens bei einer Vielzahl von Betroffenen lediglich durch die Bildung von Arbeitsgruppen sichergestellt werden kann. In den Gruppen müssen Repräsentanten gewählt werden, die den Dialog in der Mediation führen. Dazu muss zu einem späteren Zeitpunkt ein Treffen der Arbeitsgruppen stattfinden.

c) Gelegenheit zur Äußerung von durch das Bauprojekt betroffenen Interessen

Anschließend ist sämtlichen Teilnehmern der Veranstaltung die Gelegenheit zu geben, ihre Interessen zu äußern. Zu diesem Zeitpunkt sind lediglich die unterschiedlichen Auffassungen zu dem Projekt entgegenzunehmen.

d) Einrichtung einer Internetplattform

Für den Dialog der Bürger, die an einer Mediation teilnehmen wollen, kann zwecks Absprachen von Terminen und Ort sowie für Mitteilungen von Zwischenergebnissen eine Internetplattform eingerichtet werden.

e) Auswertung der Interessen zur Bildung von Arbeitsgruppen

Nach Abschluss der Auftaktveranstaltung sind die im Termin geäußerten Interessen auszuwerten, um Arbeitsgruppen bilden zu können.

2. Zweiter Schritt: Arbeitsgruppen

In einem zweiten Schritt findet ein erstes Treffen der Arbeitsgruppen statt, die Vorarbeiten für den Kern der Mediation im „zentralen Gremium“ (s. u. [3]) leisten müssen. In den Arbeitsgruppen erfolgt zunächst eine Sprecherwahl. Dem Sprecher der Arbeitsgruppe wird die Durchführung der Mediation im zentralen Gremium übertragen. Außerdem wird er sich verpflichten, Rückinformationen aus dem zentralen Gremium an die Arbeitsgruppen zu geben und diese dort weiter zu erörtern.

Nach der Sprecherwahl sind in den Arbeitsgruppen die Themen zu diskutieren und herauszuarbeiten, die zur Mediation in das zentrale Gremium eingebracht werden sollen. Dazu ist zu hinterfragen, warum den Betroffenen die Themen wichtig sind und welches Bedürfnis damit erfüllt werden soll.

3. Dritter Schritt: Zentrales Gremium

Auf einer dritten Stufe muss der Kern der Mediation in einem „zentralen Gremium“ durchgeführt werden. Das zentrale Gremium, in denen die Mediation stattfindet, muss sich in einer konstituierenden Sitzung bilden. Die Mitglieder des zentralen Gremiums setzen sich aus den Vertretern der Gemeinde, des Investors, des Projektentwicklers und den Repräsentanten der Arbeitsgruppen zusammen. Möglicherweise werden Sachverständige zeitweise hinzugebeten. Sodann werden alle Mitglieder nacheinander ihre Themen vorstellen und daraus eine Gesamtthemenliste erstellen. Die Themen werden nacheinander abgearbeitet. Hier findet Aufklärungsarbeit statt, Argumente werden ausgetauscht, Bedenken ausgeräumt, weitere Informationen übermittelt, Bedürfnisse sichtbar gemacht, Gutachter befragt. An dieser Stelle hat jeder Interessenvertreter die Möglichkeit, Verständnis für seine Interessen zu wecken. Es geht eben nicht nur darum, Ansprüche zu stellen, sondern auch das dahinterliegende „Warum“ aufzudecken. Erst daran anschließend kommt es zu einer gemeinsamen Lösungsfindung, die schließlich in eine Mediationsvereinbarung mündet (siehe Punkt 5).

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XI. Umgang mit einer Bürgerinitiative oder mit „schwierigen“ Bürgern

Es ist schon zur Gewohnheit geworden, dass Öffentlichkeitsbeteiligungen, die anlässlich der Planung von Großprojekten stattfinden, von Bürgerinitiativen beherrscht werden, die die Ziele der Planung in einem öffentlich sichtbaren Prozess unterlaufen wollen. Einer Bürgerinitiative sollte genügend Raum gegeben werden, sich ausführlich zu präsentieren und ihre Standpunkte klarzumachen. Ihr muss klar werden, dass eine Mediation für sie eine Chance ist, in der „Beteiligungspotential“ steckt. Dasselbe gilt für Wutbürger, deren hohe Emotionen in einer Mediation transformiert werden können, indem Raum für Ideen zur Mitgestaltung gegeben wird oder indem konstruktive Mitwirkung anerkannt wird, wie z.B. in einer Ideenwerkstatt.

XII. Fazit

Damit Kontroversen während der Bauleitplanung nicht zu Zweifeln der Bürgerinnen und Bürger an der Fähigkeit von Politik, Verwaltung und Wirtschaft führen, ist es sinnvoll, die gegensätzlichen Auffassungen aufzudecken und Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die von der Planung Betroffenen mit der Projektidee unter Berücksichtigung des Gemeinwohls einverstanden sein und die Projekte realisiert werden können. Hierzu bietet die Durchführung einer Mediation sowohl der Gemeinde als auch einem Projektentwickler eine Chance, die zur Umsetzung des geplanten Projektes führt.


1 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/volksentscheid-duisburger-lehnen-groesstes-deutsches-outlet-center-ab-15216752.html
2 http://stadtentwicklungindu.blogspot.com/2016/06/warum-die-stadt-duisburg-foc-planungen.html
3Immobilienzeitung vom 14.5.2018.
4https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2015/060- dobrindt-reformkommission.html, S. 64.
5 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/ reformkommission-bau-grossprojekte-aktionsplan.html, S. 6.
6http://www.staedtetag.de/fachinformationen/staedtetag/067856/index.html
7 ebd. S. 5.
8 ebd. S. 6.
9Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 4 b Rn. 6
10Wagner, DVBl. 2014, 150.
11 Wagner, DVBl. 2014, 150.


 

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