Mediation anstelle von Vergleichsverhandlungen zwischen Interessenvertretern

Ein Beitrag von:
Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin,
Eversheds Sutherland (Germany) LLP externer link zu eversheds sutherland , Düsseldorf
Mandantenbrief 01/2013, Seite 17-18

Am Ende eines Mediationsverfahrens steht die Abschlussvereinbarung, die das für beide Konfliktparteien zufriedenstellende Ergebnis festhält. Diese Vereinbarung stellt einen Vergleich im rechtlichen Sinne gemäß § 779 BGB dar. Wozu bedarf es aber einer Mediation, wenn man sich doch außergerichtlich mit anwaltlicher Hilfe vergleichen kann? Sowohl in Prozessen wie auch in außergerichtlichen Verhandlungen werden Mithilfe kompetenter Rechtsanwälte häufig zufriedenstellende Vergleiche abgeschlossen. Sie sind aber Ergebnis einer kontradiktorischen Auseinandersetzung. Soweit es sich um vielschichtige Konflikte handelt, wird dem aber durch bloße Vergleichsverhandlungen nicht immer Rechnung getragen. Hier verfolgt die Mediation in der Regel einen umfassenderen Ansatz von Konfliktbewältigung.

Eigenverantwortliche Vergleichsverhandlung durch die Parteien selbst

Der Unterschied zum anwaltlichen Vergleich besteht zuerst darin, dass die Parteien in der Mediation den Vergleich selber aushandeln. In einem Mediationsverfahren sprechen nicht die Parteivertreter für die Parteien, sondern die Parteien entwickeln selbst die Lösung. Dies kann in Anwesenheit ihrer Parteivertreter geschehen, die mit Rechtsrat zur Seite stehen und ihre Partei darüber in Kenntnis setzen können, inwieweit sie durch die Mediationsvereinbarung auf durchsetzbare Rechte verzichten. Die eigeninitiierte selbstverantwortliche Bemühung beider Parteien führt zu einer nachhaltigen Zufriedenheit.

Vorteile eines geregelten Mediationsverfahrens

Der Vergleich am Ende einer Mediation kommt im Wege eines geregelten Verfahrens zustande. Die Vorteile liegen auf der Hand:

Neutralität und Allparteilichkeit des Mediators
a. Das Verfahren wird mit Unterstützung eines neutralen Dritten, des Mediators, durchgeführt. Das bedeutet, dass die Parteien bei einer unparteiischen Verhandlungsführung gleichbehandelt werden. Der Mediator ergreift für keinen der Beteiligten Partei. Außerdem ist der Mediator allparteilich, d.h. er ist den Interessen jeder Partei gleichermaßen verpflichtet. Neutralität und Allparteilichkeit können von den anwaltlichen Beratern nicht erreicht werden; da sie von ihrer beruflichen Bestimmung gerade Interessenvertreter sind, die einseitig Interessen wahrnehmen, ohne die Interessen des anderen zu berücksichtigen. Die Rechtsanwälte stehen sich in einem Verfahren zunächst kontradiktorisch gegenüber. Sie sind aufgrund des bisher streitigen Verlaufs des Verfahrens häufig nicht in der Lage, diese Rolle bei Vergleichsverhandlungen für eine gemeinsame Sache aufzugeben. Oft fällt es den Parteivertretern schwer, nicht nur den eigenen Mandanten so weit wie möglich zufriedenzustellen, sondern darüber hinaus das Ziel in den Blick zu nehmen, auch die andere Partei weitestgehend zu befriedigen. Dagegen verhandeln die Konfliktparteien in einer Mediation durch die unterstützende Verhandlungsführung eines Mediators in ihrem eigenen Interesse, aber für ein gemeinsames Ziel.

Berücksichtigung aller – nicht nur rechtlicher -Interessen
b. Ein Mediationsverfahren garantiert, dass unter Anwendung der verschiedenen Mediationstechniken wirklich alle Interessen und darüber hinaus auch Emotionen der Konfliktparteien geäußert werden können, die bei der Geltendmachung eines Rechtsanspruchs keine Rolle spielen. Soweit Emotionen auf Verletzungen einer Konfliktpartei beruhen, sichert die Anwesenheit des Mediators und sein strukturierendes Eingreifen, dass keine neuen Verletzungen entstehen können. Indem Hintergründe und Motive für das jeweilige Handeln beleuchtet werden, kann Verständnis der Parteien füreinander entstehen, so dass alle Bedürfnisse in die Lösungsfindung mit einbezogen werden können. Eine so weitgehende Berücksichtigung aller Interessen beider Parteien kann in einer außergerichtlichen Einigung ohne Mediator in der Regel nicht erfolgen, da der Streitfall im wesentlichen nur den Sachverhalt berührt, der die Rechtslage bestimmt. Eine vollständige Information der Parteivertreter über die Interessen beider Parteien, setzte zudem voraus, dass sie von den Parteien umfassend über deren Ziele und Interessen sowie den zugrundeliegenden Sachverhalt aufgeklärt würden, was häufig unterbleibt.

Breiteres Vergleichsergebnis infolge der Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens
c. Die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens bietet einen geschützten Raum zur Verhandlung und fördert die Offenheit der Parteien. Sie wird zu Beginn der Mediation vereinbart und durch Beweismittelverbote abgesichert. Dadurch können die Parteien zur Lösungsfindung viele Aspekte offen legen, die ohne eine Zusicherung der Vertraulichkeit nicht zur Sprache kämen.

Bei einem anwaltlichen Vergleich ohne Mediation ist nicht zu erwarten, dass eine Partei sich einer Gegenseite ganz öffnen wird; denn sie hat nicht wirklich die Gewähr, dass das Geäußerte nicht zu ihrem Nachteil verwendet werden wird, wenn der Vergleich scheitert und das Verfahren fortgesetzt wird. Wenn die Parteien sich nicht vollständig öffnen, beruht ein auf dieser Grundlage geschlossener anwaltlicher Vergleich auf weniger gegenseitiger Information als ein Vergleich, der am Ende eines Mediationsverfahrens zustande kommt. Insgesamt führt eine Mediation aufgrund größerer gegenseitiger Information in der Regel zu einem breiteren Vergleichsergebnis.

Praxistipp:

Damit eine Mediationsvereinbarung für vollstreckbar erklärt werden kann, muss sie in der Form eines anwaltlichen Vergleichs zustande kommen. Daher müssen die Parteien im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit spätestens zum Abschluss der Mediationsvereinbarung ihre Rechtsberater hinzuziehen.

Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin
Düsseldorf, den 07.03.2013

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