Anwaltlicher Schutz des Mandanten während des Mediationsverfahrens

Ein Beitrag von:
Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin,
Eversheds Sutherland (Germany) LLP externer link zu eversheds sutherland , Düsseldorf
Mandantenbrief 04/2012

Das neue Mediationsgesetz und die Änderung der Zivilprozessordnung

Anwaltlicher Schutz des Mandanten während des Mediationsverfahrens
  1. Neuregelung der ZPO infolge des Mediationsgesetzes

    Rechtsanwälte sollen in Zukunft ihre Mandanten vor Einreichung einer Klage befragen und in der Klageschrift festhalten, ob sie vor der Klageerhebung den Versuch einer Mediation unternommen haben und ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Diese neue Vorschrift steht in Einklang mit § 1 Absatz 3 BORA, wonach Rechtsanwälte ihre Mandanten vor Rechtsverlust schützen und sie gestaltend, konfliktvermeidend sowie streitschlichtend begleiten müssen.
  2. Mediation – kein Widerspruch zu anwaltlichem Schutz vor Rechtsverlust

    Die Aufgabe des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten, konfliktvermeidend tätig zu werden, steht nicht im Widerspruch dazu, dass Rechtsanwälte in erster Linie dem Mandanten anwaltlichen Schutz vor Rechtsverlust gewähren müssen. Der anwaltliche Schutz des Mandanten setzt immer zuerst eine umfassende Analyse der Rechtsposition des Mandanten voraus. Sie ist nur dann auf Wunsch des Mandanten entbehrlich, wenn dieser mit der klaren Vorstellung von der Mediation ein solches außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren anstrebt. Wenn der Mandant allerdings nicht genau weiß, ob die Mediation für ihn das gegenüber dem Gerichtsverfahren geeignetere Verfahren ist, müssen vom Rechtsanwalt die Rechtsansprüche des Mandanten herausgearbeitet werden. Insoweit ist der Mandant dann über seine Rechtsposition informiert und kann überlegen, ob es Gründe gibt, die eine Mediation vorzugswürdig erscheinen lassen. Ein solcher Mehrwert könnte beispielsweise darin bestehen, dass er nicht lange auf eine Gerichtsentscheidung warten muss (= Zeitfaktor) oder z.B. dass seine möglicherweise mangels Beweisen unsichere Rechtsposition in einer Mediation zu weitergehenden Ergebnissen führen kann als in einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
  3. Schutz des Mandanten vor Rechtsverlust
    1. durch Begleitung des Rechtsanwalts im Mediationsverfahren mit Zustimmung der Gegenpartei.

      Jede Konfliktpartei kann sich mit Zustimmung der jeweiligen Gegenpartei von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens während der Mediation begleiten lassen. Dies kann deswegen sinnvoll sein, weil der Mediator den Parteien keinen Rechtsrat erteilt; denn Rechtspositionen sind nicht Gegenstand einer Mediation. Es wird durch den Mediator keine Bewertung oder Einschätzung von Erfolgsaussichten einer Klage vorgenommen. Der Mandant braucht einen Verlust von Rechtspositionen infolge einer Mediationsvereinbarung nicht zu befürchten. Der Rechtsanwalt kann seinen Mandanten während des Mediationsverfahrens schon rechtzeitig darauf aufmerksam machen, inwieweit er durch seine Verhandlung möglicherweise auf Rechtsansprüche verzichtet. Er kann hinterfragen, ob dies im Hinblick auf sonstige Beweggründe wirklich gewollt ist.

    2. durch anwaltliche Überprüfung der Abschlussvereinbarung

      Wenn der Mandant die Mediation ohne Rechtsanwalt durchführt, so sollte er die Abschlussvereinbarung nur unter Vorbehalt abschließen. So ist es ihm möglich, sie anschließend von seinem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Dadurch wird gewährleistet, dass die Konfliktpartei darüber informiert ist, welches Ausmaß die Abschlussvereinbarung in Bezug auf bestehende Rechtsansprüche hat. Es wird sichergestellt, dass eine Konfliktpartei bewusst und frei entscheiden kann, ob ein Rechtsverzicht aus bestimmten Gründen von ihr gewollt ist (z.B. weil die Geschäftsbeziehung fortgesetzt werden soll).
    Der anwaltliche Schutz wird also auch bei Durchführung eines Mediationsverfahrens gewahrt. Im Übrigen ist die Mediation freiwillig, kann jederzeit abgebrochen werden, um anschließend ein Gerichtsverfahren anzustrengen.
  4. Grds. persönliche Teilnahme der Konfliktpartei am Mediationsverfahren, außer bei Vertretung einer Organisation als Konfliktpartei.

    Grundsätzlich nehmen die Parteien persönlich an dem Mediationsverfahren teil. Die Parteien können sich anwaltlich vertreten lassen, wenn sie nicht selbst erscheinen wollen. Dabei müssen sie sich jedoch fragen, ob dies wirklich zielführend ist. Oft kann der anwaltliche Vertreter nur etwas zur Sachverhaltsdarstellung beitragen, die einen evtl. Rechtsanspruch begründet. Die hinter dem Rechtsanspruch liegenden Interessen und die Beweggründe seines Mandanten sind dem Rechtsanwalt zumindest nicht immer umfassend bekannt. Soweit die Parteien Organisationen sind, nimmt der zuständige Vertreter der Organisation an der Mediation persönlich teil. Wenn die Parteien vertreten sind, müssen die Vertreter eine Vollmacht vorlegen, um eine Mediationsvereinbarung abschließen zu können. Wenn derjenige, der zum Abschluss der Mediationsvereinbarung befugt ist, für das Endergebnis der Vereinbarung noch eine Genehmigung braucht, muss er zumindest eine Abschlussvollmacht mit Genehmigungsvorbehalt vorlegen.
  5. Anwaltliche Überprüfung der Mediationsvereinbarung im Hinblick auf die gesetzliche Form und den Inhalt.

    Die Überprüfung der Mediationsvereinbarung durch einen Rechtsanwalt stellt sicher, dass sie in der richtigen gesetzlichen Form getroffen wird (z.B. bei Grundstücksgeschäften, wenn es um die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück geht). Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Abfassung einer Abschlussvereinbarung am Ende einer Mediation rechtstechnisch einen Vergleich i.S.d. § 779 BGB darstellt. Aus diesem Grunde müssen Formulierungen gewählt werden, die einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Das bedeutet, dass sprachlich zum Ausdruck kommen muss, dass beide Konfliktparteien mit der Abschlussvereinbarung etwas verbindlich regeln wollen und dass die Parteien zu deren Umsetzung keine weitere Vereinbarung treffen wollen. Eine Überprüfung der Abschlussvereinbarung ist möglicherweise entbehrlich, wenn es sich um Konflikte handelt, die noch nicht justitiabel sind (z.B. bei Konflikten am Arbeitsplatz wegen schlechten Umgangs miteinander). Zur Absicherung kann die rechtsanwaltliche Überprüfung jedoch je nach Lage des Einzelfalls sinnvoll sein.

Praxistipp:

Erörtern Sie mit Ihrem Rechtsanwalt, ob eine Klage oder ein Mediationsverfahren besser geeignet ist, um Ihre Interessen zu verfolgen. Auch während eines Mediationsverfahrens können Sie vom Rechtsanwalt Ihres Vertrauens begleitet und rechtlich beraten werden.

Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin
Düsseldorf, den 06.12.2012

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