Unternehmen vor großen Herausforderungen - Wie gelingt ein Change?

Ein Beitrag von:
Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin,
Eversheds Sutherland (Germany) LLP externer link zu eversheds sutherland , Düsseldorf
Real Corporate Goverment, Newsletter 01/2018, Seite 9-11

Am 28./29. 6. 2018 fand der jährliche Summit des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft statt. Das diesjährige Thema lautete »Corporate Governance und Nachhaltigkeit: Megatrend Digitalisierung - werteorientierte Unternehmensführung in Zeiten disruptiver Veränderungen«. Zahlreiche Vorstände der wichtigsten und größten deutschen Unternehmen der Immobilienwirtschaft tauschten sich darüber aus, wie Führung und Werteorientierung in ihren Unternehmen bei einem Change (Veränderungsprozess) gelingen kann.

Nach einleitenden Impulsvorträgen beleuchtete der Teilnehmerkreis – teilweise in kleineren Arbeitsgruppen – die Herausforderungen der Digitalisierung und der werteorientierten Führung in der Immobilienwirtschaft unter dem Aspekt, welche Voraussetzungen unter anderen erfüllt werden müssen, um Veränderungen, die durch äußere Bedingungen vorgegeben werden, erfolgreich und zukunftsorientiert bewältigen zu können. Im Folgenden greife ich die erhaltenen Anregungen auf und füge weitere Ergänzungen hinzu.

Die Realität zwingt Unternehmen und darin arbeitende Menschen dazu, sich ständig auf Neues einzustellen. So drängt z. B. zur Zeit das Thema Digitalisierung die Unternehmen dazu, sich mit dieser Materie und den damit verbundenen Veränderungen zu beschäftigen, um nicht von äußeren Zwängen ins Abseits gestellt zu werden. Allerdings lieben die Menschen keine Veränderungen; sie haben ein hohes Beharrungsvermögen, weil durch Neues der innere Gleichklang gestört wird. Veränderung erfordert eine innere Arbeit; die Einstellung des Einzelnen muss sich anpassen. Das Neue muss integriert werden. Um den Erfolg des Changes herbeizuführen, ist es vorteilhaft, sich mit Verhaltensmustern zu beschäftigen, die den Change befördern. Verschiedene Handlungsweisen begünstigen das Gelingen eines Changes.

1. Vertrauen

Eine der wichtigsten Voraussetzungen, die für einen Change erfüllt sein muss, ist der Umstand, dass Vertrauen besteht (a.) und dass Vertrauen erzeugt wird (b.). Was das im Einzelnen bedeutet, wird im Folgenden erläutert.

  1. Das Management des Unternehmens / unter Umständen ein beauftragter Change Manager müssen selber auf den Erfolg des Unternehmens vertrauen. Es muss ihrer Überzeugung entsprechen, dass der Change gelingen wird, dass er zum Beispiel:
    • den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens steigern wird,
    • die Mitarbeiter integriert werden können,
    • dass ein Kulturwandel aufgrund des Changes machbar ist.
  2. Daneben muss Vertrauen in die Mitarbeiter gesetzt werden, die den Change mitvollziehen sollen. Es muss auf die Fähigkeit und die Bereitschaft der Mitarbeiter vertraut werden, den Change bewältigen zu können.

Darüber hinaus muss das Change Management bei Mitarbeitern Vertrauen durch vertrauenerweckende Maßnahmen erzeugen. Ein Change muss von oben nach unten durch- und vorgelebt werden.
Es ist kritisch zu sehen, einen Change zu betreiben, in dem die Verantwortung auf sich selbst erneuernde Teams übertragen wird. Die Praxis hat gezeigt, dass Teams ohne ein übergeordnetes Change Management letztlich zu Mobbing neigen und nach einer konstruktiven Phase in eine destruktive Phase wechseln. Demzufolge ist ein Change Management von oben zielführender. Für das „Durchleben“ muss der Change Manager aktiv sein, er muss handeln. Dazu gehört insbesondere, dass er sich mitteilen muss. Um Vertrauen im Anderen zu erwecken, muss der Change Manager das Unternehmensziel, die Mitarbeiter und den Kulturwandel, den der Change bewirkt, vor Augen haben. Es reicht nicht, bloß darauf zu vertrauen, dass alle sich an die neue Kultur, die eine Veränderung mit sich bringt, gewöhnen werden.

Change in UnternehmenDie Regeln der guten Kommunikation müssen im Unternehmen insbesondere in Zeiten des Changes beachtet werden.
Lediglich Kommunikation kann zum gemeinsamen Erfolg führen. Dazu braucht es den Willen des Change Managers hierzu. Es braucht seine Zugewandtheit, und zwar nicht nur zum neuen Unternehmensziel, sondern auch zu den Mitarbeitern. Der alleinige Blick auf erfolgreiche Zahlen reicht im Change nicht aus, sonst besteht das Risiko, dass die Mitarbeiter durch äußere oder durch innere Kündigung verloren gehen. Der Change Manager muss seine Überzeugung vom neuen Geschäftsmodell über einen längeren Zeitraum ständig kommunizieren. Das Neue muss Anreiz bieten und nicht abschrecken. Es kann aber nur dann Anreiz sein, wenn den Mitarbeitern die positiven Auswirkungen immer wieder, d.h. wiederholt vor Augen geführt werden. Nur durch Kommunikation der Vorteile des Neuen kann bei den Mitarbeitern Vertrauen in die Zukunft geweckt werden. Es muss also das Vertrauen in die Mitarbeiter und in die Zukunft nicht nur beim Change Manager selber vorhanden sein, sondern der Change Manager muss das Vertrauen auch bei den Mitarbeitern erzeugen. Vertrauen ist nicht mit dem Verkünden eines Change-Zieles oder mit dem Abschluss eines Change- Vertrages hergestellt, sondern es bedarf eines längeren Zeitraums, um dieses zu schaffen. Gefährlich ist es, wenn trotz des Changes die Geschäfte wirtschaftlich gut laufen und daraus allein die Schlussfolgerung gezogen wird, der Change sei gut verlaufen.

2. Kommunikation des Changes „Go for it“ und „sehend machen“

Der Change Manager muss alle Mitarbeiter einzeln in den Change mit einbeziehen. „Go for it“ bedeutet, dass der Change Manager vom Ziel des Changes und davon überzeugt ist, dass auch die Mitarbeiter damit konform gehen und dass sie den Change schaffen werden. Jeder Einzelne muss sich gemeint fühlen, d.h. neben den Führungskräften auch sämtliche anderen Mitarbeiter. Es muss in allen das Feuer für die neue Sache entfacht werden, das neue Ziel muss gegenwärtig werden. Das passiert nur, wenn jeder Einzelne tatsächlich „mitgenommen“ wird. Auf diese Art und Weise werden alle Mitarbeiter „sehend“ gemacht. Sie können ihre bisherige Perspektive auf das Neue ausrichten, dieses einbeziehen und langsam den Change vollziehen und vom Alten zum Neuen wechseln. Der Perspektivwechsel hat zur Folge, dass Geschlossenheit hergestellt wird, so dass alle Beteiligten „am gleichen Strang ziehen“.

3. Anpassung der äußeren Gegebenheiten an den Change

Die äußeren Gegebenheiten müssen dem Change angepasst werden, so dass der Durchführung des Changes auch tatsächlich nichts im Wege steht
(Büroausstattung, Arbeitsbedingungen, klare Aufgabenverteilung, regelmäßige Arbeitszeiten, keine Überbelastung etc.).

4. Vermittlung von Sicherheit im Change

Ein Change führt bei den meisten Mitarbeitern zu einer – zumindest vorübergehenden – Verunsicherung. Keiner weiß wirklich, was die Veränderung mit sich bringen wird. Es ist also seitens des Change Managers Sicherheit zu vermitteln, die das Risikodenken bei den Mitarbeitern reduziert. Diese Sichtweise kann der Change Manager nur durch ständige Kommunikation mit den Mitarbeitern und durch das Aufdecken von und das Eingehen auf Befindlichkeiten schaffen. Weiterhin muss das Gefühl vermittelt werden, dass der Change nicht dazu führt, dass der Einzelne den Boden unter den Füßen verliert, sondern sehr bald „Land gewinnt“. Die durch den Change ausgelöste Unsicherheit muss im Gespräch immer stärker begrenzt werden, so dass sie sich schließlich auflöst. Dies gelingt, indem die vom Change betroffenen Mitarbeiter möglichst viele positive Erfahrungen des Neuen machen können. Ihre Wahrnehmung ändert sich dann dahingehend, dass der Change funktioniert. Positive Erfahrungen gerinnen dann zu einer Haltung, die das neue Unternehmen fördert und erfolgreich macht.

5. Fehlertoleranz

Nach dem Ausmaß von Fehlertoleranz bestimmt sich, ob in einem Unternehmen Agilität herrscht. Gerade Agilität ist Voraussetzung dafür, dass notwendige Veränderungen kreativ und zügig umgesetzt werden können. Fehler, die in Zeiten des Changes geschehen, müssen baldmöglich eingestanden und ausgeräumt werden. Sie dürfen dem zukünftigen Handeln nicht im Wege stehen. Die Unternehmensführung sollte – gegebenenfalls mithilfe eines externen Coaches oder Mediators – Konfliktlagen, die aufgrund von Fehlern auftreten, zeitnah auflösen und deren Auswirkungen im Wege einer erhöhten Fehlertoleranz reduzieren, um das Unternehmensziel zu verwirklichen oder neue Abläufe und Verfahren einzuführen.

6. Vollzug des Changes durch „alle“ Mitarbeiter

Der Change muss von allen Führungskräften wie auch von allen Mitarbeitern getragen werden, die ihre Zukunft im Unternehmen sehen und damit für das Neue prägend sein müssen. Er muss sich in allen Köpfen vollziehen und auch von allen Beteiligten umgesetzt werden.

7. Fazit

Ein Change im Unternehmen kann gelingen, wenn ein aktives Change Management betrieben wird, das durch einen Change Manager verkörpert werden kann, der die Schaltstelle zum Management des Unternehmens darstellt. Er muss den Prozess des Changes in ständiger Rückkoppelung mit dem Management aktiv gestalten und implementieren. Wenn das zuvor beschriebene Verhaltensmuster, nämlich das „Durchleben“ eines Changes durch Entgegenbringen von Vertrauen, durch das Erwecken von Vertrauen, durch eine ständige Kommunikation, durch Anpassung der äußeren Gegebenheiten, durch eine Absicherung der Mitarbeiter im Wege der Risikominderung, durch Fehlertoleranz und durch den gelebten Vollzug seitens des Change Managements sowie durch die Mitarbeiter eingehalten wird, wird der Change für das gesamte Unternehmen erfolgreich sein.

Externer Link, zum ICG Institut

 

zurück zur Übersicht Aktuelles/Presse

zurück zum Seitenanfang